“Läuschen un Rimels üm ein Abiturklass vom Johrgang 1956 ut de Friedrich-Engels-Oberschaul”
Hans Witt
Hans Witt, gebürtig aus Altentreptow und von 1952-1956 Schüler der Oberschule “Friedrich Engels”, schrieb und schreibt die Chronik einer Klasse, deren Mitglieder, inzwischen auch deren Ehepartner, sich seit dem Abitur ununterbrochen jedes Jahr treffen. Vier Bildbände (2001 sind es schon sechs - H.W.) mit einem Gesamtgewicht von fünfzig Kilogramm gibt es bereits. Allein diese Einmaligkeit ist es schon wert, hier erwähnt zu werden. Kostproben aus dieser Chronik, ausgewählt von Horst-Gösta Berling:
Im Internat auf dem Bethanienberg
Wenn ik tauierst schräben heww, dat wi in dat nige Internat “intreckten”, denn heww ik bannig äwerdräben: Wi müßten irst all düchtich mit anfaten, üm dat Hus einigermaßen wohnlich intaurichten. De Möbel, dei sik up de Flure stapelten, seh’n ut, as wenn sei schon einige Kinnerheime un Internate äwerläwt haren, un datwir bestimmt uk so! Nah ein poor Wochen haren wi uns äwer schon so inricht, dat wi uns ganz woll feulten. Wi wiren ja alltauhopen, Jungens un Mäkens, dat irste Mal för so lange Tied von Muddern weg, un dor wir dat schon wichtig, dat wi uns all gaut verdrägen.Uns’ Internatsleiter, “Adi” Schulz, leet in de irsten Wochen de Tögel bannig locker. Wi hemm’ bald jeden Dag nah’t Abendbrot danzt, dat dat man sine Ort harr! Ingo Naudit, ein Schöler ut uns’ Parallenklass, spälte nämlich so’n komischet Ding von Treckbüdel. In Harwst hemm’ wi uns ne Eck von den groten Boen tau’n Dischtennisruum utbugen dörft. Dor is in dei Tied, dei wi up den Bethanienbarg wohnten, so mancher Druppen Schweit flaten. De Sport wür damals äwerhaupt grot schräben bi uns in’t Internat. Oft hemm’ wi uns tau einen Waldloop runner an’ Tollensesee tausammen funn’, orrer wi makten Radtouren mit uns’ selbst upgebugten Drahtesels.
“Spucki” - der Chemielehrer
Ein Kapitel för sick is “Spucki” wäst. Hei wier uns’ Chemielihrer un nennte sich mit “bürgerlichen Namen” Herr Dr. Grosse. Spucki har dei för uns wunnerbore Angewohnheit, sick bi Klassenarbeiten vörn an sienen Disch tau setten un irgendwat tau erledigen: Entweder Hefte nahtaukieken, in’t Klassenbauk tau blärern orrer wat Ähnlichet tau maken. Wenn hei nu siene Kontrollrun’ im Klassenruum dreigen wull, denn schlög’ hei mit’n luden Bumms dat Klassenbauk tau, so as wenn hei seggen wull: Vörsicht, jetzt kam ik ! Dat wier denn för uns dat Teiken, dei Schummelzettel verschwinden tau laten, mit de Näsen up unse eigen Arbeit tau bliben un’n angestrengtet Gesicht tau maken - grad so, as wenn uns äben de erlösende Gedank’ kamen wier. Hier un dor har hei denn uk’n poor Bemarkungen tau maken un uk Berichtigungen antaubring’ . - Bi mündliche Leistungskontrollen künn’ sick siene speziellen Frünn noch so dämlich anstell’n: Wenn dat ne “Eins” warden süll, denn würr dat uk ein’! Ein anner künn sich noch so anstrengen, mihr as ne “Vier” sprüng einfach nich rut. Siene Pappenheimer kreegen, ob sei awwschräben, ob sei väl orrer wenig richtig harn, bi Klassenarbeiten regelmäßig ehre Sondernote: “Im besseren Sinne 4” orrer “Im schlechteren Sinne 4” . Trotz all sin Mucken hett de Unnerricht bi Spucki oewer doch Spaß makt. Man hett richtig markt, dat hei vull im Stoff stünn. Wie Spuckis Spitznam’ taustann’ keem? Dat is ja nu uk gor nich so schwer tau erraden: Ümmer, wenn hei so richtig in Fahrt keem, müßten sich dei Schäulers in de iersten Reihgen vörseihn, dat sei nich’n poor Druppen awkreegen, so spückerte hei in sin Raasch!
Der Klassenlehrer
Bekanntlich wir ja de Sprung von dei 10. tau dei 11. Klass de schwerste Schritt up de Oberschaul. Wenn ick dor bloß an Mathe denk: Wer bether einigermaßen dei Gleichungen un Funktionen begräpen harr un sick mit Sinus, Cosinus, Tangens un Cotangens taurecht fünn, dei müßte nu erläben, dat Latschi (Spitzname unseres Klassenlehrers Erwin Latendorf - H.W.) noch ganz anner Geschütze upführen künn. Hei keem mit Differential- un Integralräknung up uns tau. Wer dorbi noch nich tau Boden gahn wir, den’ erwischte dat bi de Analytische Geometrie un de Sphärische Trigonometrie. Dat “Mögen orrer Nichmögen” von bestimmte Fächer hängt oftmals mit den’ Lihrer tausammen, dei dat unnerrichten deit. Un dor hett Latschi keine schlichte Figur makt. Hei künn goot erklären, wir sicher in all sin’ drei Fächer, un man künn jedertied mit alle mäglichen Fragen tau em kamen. Hei harr ümmer Tid för uns. Ein Grund dorför, dat an’t Enn’ in uns’ Klass so schlichte Zensuren ruterkamen sünd, wir bestimmt uk, dat Latschi, ob bewußt orrer unbewußt, dat bi dei Klassenarbeiten ümmer si inricht hett, dat de Besten von uns man grad so mit de Tid utkamen sünd. Dor bläwen kuum noch ‘n poor Minuten öwrich, üm allet nochmal tau kontrolliren. Im Winter 1955/56 makten wi eine Klassenwanderung äwer den’ taufroren Tollensesee, dei binah tragisch utgahn wir: Ik weit nich, wo Latschi öwerhaupt den Maut hernahmen harr, mit de ganze Klass’ so’n gefährlichet Unnernähmentau starten? Dat Is wir twor bald’n halben Meter dick, äwer dei ollen Nigenbrambörger waren sick noch erinnern, dat dei Tollensesee, wenn hei schon mal taufroren is, so sine Tücken hett. Mit einen groten Krach entstahn plötzlich -zig Meter lange Risse, dei sick manchmal äwer den’ ganzen See trecken. Up einmal stünn’ wi also vör so ein Hindernis. Dei Spalt wir schon bannich breit un seech gefährlich ut. Latschis Anwiesung wir damals klipp un klor: “Ümkirn, un runn’ von’t Is!” Uns’ “Pingo” Pioch markierte äwer mal werrer den’ starken Mann, nähm Anlop un wull röwerspringen. Hei rutschte jedoch mit sin Afsprungbein wech un schlidderte in dat iskolle Water. Sin grotet Glück wir, dat hei nich unner dat Is keem, sonnern den’ Rand tau faten kreech. Wi hemm’ em denn mit vereinten Kräften dor werrer ruthalt un denn güng’t rasch nah Hus. Uter’n düchtigen Schnuppen un ’ne orrentliche Standpauk von Latschi kemm nix wirer darnah’.
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